Die Kostenübernahme bzw. Kostenerstattung für die Durchführung eines refraktiven Linsenaustauschs lehnen viele Krankheitskostenversicherer ab und führen zur Begründung oftmals aus, diese seien nicht erstattungsfähig, da sie medizinisch nicht notwendig (gewesen) sei. Eine höchstrichterliche Entscheidung liegt hierzu bislang nicht vor.
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat mit einer aktuellen Entscheidung die Rechte der Versicherten gestärkt und mit Urteil vom 02.07.2025 zum Aktenzeichen 7 U 40/21 entschieden, dass bei Vorliegen einer beidseitigen Katarakt die Kosten für einen refraktiven Linsenaustausch im tariflichen Umfang zu erstatten sind.
Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde
In dem zugrunde liegenden Fall litt die Klägerin unstreitig unter Weitsichtigkeit, Hornhautverkrümmung und Altersweitsichtigkeit. Streitig war hingegen, ob darüber hinaus eine Linsentrübung (Grauer Star) vorlag. Eingesetzt wurden im Rahmen einer Linsenoperation Trifokal-Intraokularlinsen. Die in Ansatz gebrachten Gebührenpositionen überstiegen die nach der GOÄ erstattungsfähigen Höchstsätze. Zudem lagen die Kosten für die eingesetzten Linsen höher als jene von Standardlinsen.
Berufungsgericht hebt erstinstanzliches überwiegend Urteil auf
Nachdem der beklagte Versicherer die Kostenerstattung mit der Begründung, es habe kein behandlungsbedürftiger Katarakt vorgelegen, abgelehnt hatte, wurde der Anspruch gerichtlich geltend gemacht. Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen mit der Begründung, eine medizinische Notwendigkeit sei nicht bewiesen worden.
Das Oberlandesgericht stellte klar, dass sowohl die Kosten für die Linsenoperation als auch für die angesetzten Trifokal-Intraokularlinsen anstelle von Standardlinsen zu erstatten seien und führte dazu aus, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme eine beidseitige Katarakt und zudem unkorrigierte Refraktionsfehler vorgelegen hätten. Die bei der Klägerin bestehende Blendungsempfindlichkeit habe die Lebensqualität der Klägerin erheblich beeinträchtigt. Durch die Implantation multifokaler Linsen könnten die Refraktionsfehler beseitigt werden.
OLG: Landgericht hätte weiter aufklären und Ärztin vernehmen müssen
Das Oberlandesgericht führt weiter aus, dass aufgrund einer erkennbar unzureichenden und unvollständigen Patientenakte eine weitere Aufklärung hätte vornehmen müssen, um festzustellen, ob es sich hinsichtlich der Katarakt lediglich eine Verdachtsdiagnose oder aber eine gesicherte Diagnose gehandelt hatte.
Im Rahmen der Beweisaufnahme wurde ein neues Sachverständigengutachten eingeholt und von dem Gutachter bestätigt, dass der refraktive Linsenaustausch medizinisch notwendig gewesen ist. Eine weitere Besonderheit bestand darin, dass das Oberlandesgericht aufgrund einer unzureichenden Behandlungsdokumentation es ergänzend für zulässig erachtet hat, im Rahmen der Beweisaufnahme auch die behandelnden Ärzte vernommen hat.
Anspruch auf Erstattung im tariflichen Umfang und Verzug
Zu erstatten war in dem entschiedenen Fall (nur) ein 2,3-facher Steigerungssatz, da nach den zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen die medizinischen Behandlungskosten lediglich bis zu einem 2,3-fachen Steigerungssatz übernommen werden mussten.
In seiner Entscheidung geht das Oberlandesgericht abschließend auch darauf ein, dass sich der beklagte Versicherer aufgrund seiner ernsthaften und endgültigen Leistungsablehnung in Verzug befunden habe und daher sowohl Verzugszinsen zu zahlen, als auch die außerberuflich angefallenen Rechtsanwaltsgebühren zu übernehmen habe.
Ihre Ansprechpartnerin im Versicherungsrecht: Frau Rechtsanwältin Birte Raguse