Rechtsschutz im Vergaberecht

01.03.2014

Jedes Jahr werden in Deutschland nach IHK Schätzungen Aufträge im Wert von ca. 250 Mrd. Euro öffentlich ausgeschrieben. Die Spanne reicht dabei von der europaweiten Ausschreibung von Aufträgen mit mehreren Millionen Euro bis hin zu kaum veröffentlichten freihändigen Vergaben von wenigen Tausend Euro. Die Komplexität des Vergaberechts und die vielfach vorhandenen poltischen Interessen bei der Auftragsvergabe führen dazu, dass die notwendige Transparenz und Gleichbehandlung nicht immer gegeben sind.

Dann stellt sich regelmäßig die Frage, wie unterlegene Bieter dennoch zu ihrem Recht kommen oder zumindest den entgangenen Gewinn realisieren können. Auch die Vergabe von Aufträgen ohne öffentliche Ausschreibung, die nur in ganz wenigen Ausnahmefällen zulässig ist, führt zu einem Rechtschutzbedürfnis der Unternehmen.

Grundsätzlich gilt wie immer in solchen Fällen, dass der Weg des Unternehmers unverzüglich zum fachkundigen Rechtsanwalt führen sollte. Eine ganze Reihe von Verstößen etwa gegen Informationspfl ichten oder Fehler in den Ausschreibungsunterlagen lässt sich nur wirksam rügen, wenn die Rüge unmittelbar und vor Abschluss der Vergabe erfolgt. Teure Rechtsstreitigkeiten können so bereits im Vorfeld wirksam vermieden werden. Die oft befürchteten Nachteile bei der späteren Vergabeentscheidung sind selten real.

Im übrigen unterscheidet sich der Rechtsschutz grundlegend danach, ob der Wert des Auftrages oberhalb oder unterhalb der EU-weiten Schwellenwerte liegt. Oberhalb dieser Schwellenwerte muss eine Ausschreibung zwangsläufig europaweit erfolgen und unterliegt dem strengeren europäischen Vorgaben, die in Deutschland in den §§ 97ff GWB umgesetzt wurden.

Auf dieser Ebene gibt es neben einem Schadenersatzanspruch auch einen so genannten Primärrechtschutz über die Vergabekammern, d.h. ein benachteiligter Bieter hat bei rechtzeitigem Handeln die Möglichkeit, die Vergabeentscheidung und damit den Zuschlag zu verhindern. Ein rechtswidrig zustande gekommener Vertrag ist nach der EuGH-Entscheidung vom 18.07.2007 (EuGH Rs. C- 503/04) rückgängig zu machen, was weitreichende Auswirkungen auch auf seit langem bestehende Verträge haben kann. Diese Schwellenwerte liegen momentan für Bauaufträge bei 5.150.000 Euro, für Liefer- und Dienstleistungsaufträge bestimmter oberster Bundesbehörden bei 133.000 Euro, im Bereich der Trinkwasser oder Energieversorgung oder im Verkehrsbereich bei 412.000 Euro und in sonstigen Fällen 206.000 Euro.

Bei Ausschreibungen unterhalb dieser Schwellenwerte wird dagegen in Deutschland primärer Rechtschutz nicht gewährt. Das bedeutet, dass eine Verhinderung oder Erteilung des Zuschlags nicht gerichtlich erzwungen werden kann. Nachdem dies z.T. umstritten war, hat das BVerwG mit der Entscheidung vom 02.05.2007 (AZ: 6 B 10/07) noch einmal endgültig klargestellt, dass bei Ausschreibungen unterhalb der Schwellenwerte der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet ist. Die Verfassungsmäßigkeit des fehlenden Primärrechtschutzes hatte das BVerfG mit Beschluss vom 13.06.2006 (AZ: 1 BvR 1160/03) bereits festgestellt.

Im Klartext bedeutet dies, dass in solchen Fällen nur der Weg zu den Zivilgerichten und damit nur die Möglichkeit besteht, im Nachhinein Schadenersatz geltend zu machen. Dieser wäre in der Höhe des entgangenen Gewinns anzusetzen. Einen gerichtlichen Weg, den Zuschlag zu erlangen, gibt es nicht. Problematisch ist dies vor allem, weil hierfür nachgewiesen muss, dass man den Zuschlag andernfalls in jedem Fall bekommen hätte, was oft zu Beweisunsicherheiten führt. Die Heranziehung eines wirtschaftsrechtlich spezialisierten Anwaltes ist daher vor allem angesichts der im Raum stehenden Auftragssummen unerlässlich.